Dialog im Donaupark am 12.07.2022 zum Thema „NS-Belastete aus Niederbayern“

14. Juli 2022: Dialog im Donaupark am 12.07.2022 zum Thema „NS-Belastete aus Niederbayern“

Es war kein leichtes und angenehmes Thema, das man sich für den letzten Dialog im Donaupark ausgewählt hatte. Der große Besucherandrang zeigte aber, dass es ein Thema war, das noch immer viele Mitmenschen bewegt und beschäftigt. Stellvertretender Landrat Wolfgang Gural ging in der Begrüßung darauf ein, warum man sich, über 75 Jahre nach Kriegsende, noch immer mit dem Nationalsozialismus beschäftigen sollte. Gilt es doch, die Erinnerung an diesen unrühmlichen Teil unserer Geschichte aus Respekt vor dem Leid der verfolgten und getöteten Menschen wachzuhalten und sich entschieden gegen jede Form eines aufkeimenden Antisemitismus zu wenden.
Vor kurzem erschien der 13. Band aus der Reihe „Täter Helfer Trittbrettfahrer“ zum Leben bedeutender Nationalsozialisten aus Niederbayern. Ein Kapitel dieses Buches ist dem ehemaligen Kreisleiter und Bürgermeister der Stadt Kelheim Dr. August Donderer gewidmet. Dem Referenten Dr. Wolfgang Proske, der seine Ausführungen ausschließlich auf vorhandene schriftliche Quellen stützt, stellte ein umfassendes Bild vom Charakter und seiner Funktion beim Aufstieg des Nationalsozialismus dieses Akteurs dar.
Dr. med. August Donderer wurde am 04.01.1896 in München als uneheliches Kind geboren und wuchs bei Kempten und Günzburg auf. Nach dem Abitur 1914 meldete er sich freiwillig zum Krieg, wurde 1916 nach fünfzigprozentiger Kriegsbeschädigung entlassen und begann ein Studium der Humanmedizin. Bereits in dieser Zeit war er äußerst aktiv in rechtsextremen Freikorps. Ab 1922 war er in Kelheim als praktischer und Krankenhausarzt tätig. Selbst bereits 1930 in die NSDAP eingetreten, war er 1931 Gründungsmitglied der NSDAP-Ortsgruppe in Kelheim.
Neben seiner Tätigkeit ab 1932 als Kreisleiter übte Dr. Donderer weitere einflussreiche Ämter aus: er war 1. Arzt der SA-Brigade, Ortsgruppenleiter der NSV, Postschutzarzt, Betriebsarzt der meisten ansässigen Betriebe, Verwaltungsstellenleiter im Amt für Volksgesundheit und Bezirksstellenleiter in der Reichsärztekammer Niederbayern, Aufsichtsratsvorsitzender der Ostbayerischen StromversorgungsAG Landshut sowie Präsident im Kreistag Niederbayern/Oberpfalz.
Mit der Übernahme des Amtes des ersten Bürgermeisters der Stadt Kelheim von einem Parteifreund 1933 stand er am Zenit seiner politischen Karriere, gekrönt von Hitlers Besuch der Befreiungshalle.
Sofort nach seiner Machtübernahme werden bestehende politische und gesellschaftliche Strukturen durch die Verhaftung und Deportierung vieler Kommunalpolitiker und dem Verbot von Parteien und Vereinen mit Bezug zur Arbeiterschaft sowie der BVP zerstört. Sämtliche politischen Gegner werden systematisch bespitzelt und kontrolliert. Und er war sich nicht zu schade, selbst Verhaftungen politischer Gegner durchzuführen.
Wegen seiner Morphinabhängigkeit wurde Dr. Donderer 1942 als Kreisleiter abgesetzt, das Amt des Bürgermeisters behielt er aber bis Kriegsende.
Anzurechnen ist Bürgermeister Dr. Donderer, dass er 1945 die Verteidigung der Stadt schlicht ablehnte und so keine unnötige Zerstörung mehr erfolgte.
Dr. Donderer wurde nach Kriegsende inhaftiert und 1948 als Hauptschuldiger (Gruppe 1 von fünf Kategorien) verurteilt. Im Berufungsverfahrens zu Beginn 1950 wurde dies aufgehoben und er zum Belasteten (Gruppe 2) erklärt. Nach Ende seiner Haftstraße 1951 war er wieder bis zu seinem Tode 1956 als praktischer Arzt in Kelheim tätig.