Vollzug des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) sowie der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen (1. BImSchV)

31. August 2022: Details zur Allgemeinverfügung entnehmen Sie hier.

Vollzug des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) sowie der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen (1. BImSchV); Erlass einer Allgemeinverfügung zur befristeten Wiederinbetriebnahme von älteren Holzfeuerungsanlagen nach der 1. BImSchV aufgrund der Gasmangellage

Das Landratsamt Kelheim erlässt aufgrund § 22 der 1. BImSchV i.V.m. Art. 35 Satz 2 Alt. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetztes (BayVwVfG) folgende

Allgemeinverfügung:

  1. Gemäß §§ 25 und 26 der 1. BImSchV außer Betrieb genommene Holzfeuerungsanlagen der 1. BImSchV, die noch nicht abgebaut wurden und für die der Betreiber ein Formular zum Vorhalten für den Notbetrieb beim zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger eingereicht hat, dürfen vorübergehend nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Nrn. 2 bis 4 wieder in Betrieb genommen werden.
  2. Durch die Wiederinbetriebnahme der Holzfeuerung muss der Betrieb einer vorhandenen Gasheizung ganz oder teilweise ersetzt werden.
  3. Aufschiebende Bedingung
    Mit dem Betrieb der Holzfeuerungsanlage darf erst begonnen werden, wenn der Betreiber die Aufnahme des Betriebs unter Vorlage des ordnungsgemäß unterschriebenen Formulars „Merkblatt und Erklärung zur Stilllegung einer Einzelraumfeuerungsanlage für feste Brennstoffe“ oder des Formulars „Merkblatt und Erklärung zur Stilllegung einer zentralen Heizungsanlage für feste Brennstoffe“ beim Landratsamt Kelheim, Sachgebiet Umwelt- und Naturschutz, angezeigt hat oder aktuell anzeigt.
    Mit der Anzeige ist zu bestätigen, dass die Feuerungsanlage lediglich stillgelegt, jedoch noch nicht abgebaut wurde. Vor Betriebsaufnahme hat der Betreiber den zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger über diese zu unterrichten.
  4. Befristung
    Die Allgemeinverfügung gilt ab 01. September 2022 für die Dauer des Bestehens der derzeitigen Alarmstufe (oder einer höheren Stufe) des Notfallplanes Gas für die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 8 der Verordnung (EU) 2017/1938 vom 25.10.2017 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010, längstens jedoch bis 31. August 2023.
  5. Diese Allgemeinverfügung gilt am Tag nach ihrer Bekanntmachung als bekannt gegeben.

Gründe:

I.

Wegen der anhaltenden Krise bei der Erdgasversorgung auf Grund des Ukraine-Krieges hat das Bundeswirtschaftsministerium die zweite Stufe des Notfallplans Gas für die Bundesrepublik Deutschland ausgerufen, die sog. „Alarmstufe“.

In der Vergangenheit waren Holzfeuerungsanlagen, die die Vorgaben der 1. BImSchV (insbesondere Emissionsgrenzwerte) nicht (mehr) einhalten konnten, stillzulegen. Die stillgelegten Holzfeuerungen wurden zum Teil durch Erdgasfeuerungen ersetzt.

Mit Schreiben vom 29.07.2022, Az. 75g-U8700-2022/36-23 führte das Bayer. Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz aus, dass aufgrund des Ausrufens der Alarmstufe des Notfallplans Gas es gerechtfertigt erscheint, zeitlich befristete Ausnahmen für die Wiederinbetriebnahme bestimmter Holzfeuerungsanlagen zuzulassen, sofern dadurch der Betrieb einer vorhandenen Gasheizung ganz oder teilweise ersetzt wird. Dies soll der Erdgaseinsparung dienen. Die Ausnahmezulassung soll mithilfe einer Allgemeinverfügung erteilt werden.

II.

Zuständigkeit

Das Landratsamt Kelheim ist für den Erlass dieser Allgemeinverfügung sachlich gem. Art. 1 Abs. 1 Nr. 3 des Bayer. Immissionsschutzgesetzes (BayImSchG) und örtlich gem. Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG zuständig.

Rechtliche Voraussetzungen

Die Allgemeinverfügung stützt sich auf § 22 der 1. BImSchV i.V.m. Art. 35 Satz 2 Alt. 1 BayVwVfG.

Gemäß § 22 der 1. BImSchV kann das Landratsamt Kelheim auf Antrag Ausnahmen von den Anforderungen der 1. BImSchV zulassen, soweit diese im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen und schädliche Umwelteinwirkungen nicht zu befürchten sind.

Die Ausnahmeerteilung stellt einen Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG dar. Eine Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet (Art. 35 Satz 2 Alt. 1 BayVwVfG).

Die rechtlichen Voraussetzungen für diese Allgemeinverfügung sind erfüllt.

Dem Antragserfordernis des § 22 der 1. BImSchV wird dadurch genüge getan, dass der unteren Immissionsschutzbehörde am Landratsamt Kelheim eines der unter 3. genannten ordnungsgemäß unterschriebenen Formulare zum Vorhalten für den Notbetrieb mindestens als Kopie vorliegt. Das Tatbestandsmerkmal „im Einzelfall“ ist weit auszulegen und dadurch gegeben, dass eine konkrete Feuerungsanlagengruppe Gegenstand der Allgemeinverfügung ist.

Zusätzlich muss eine unbillige Härte vorliegen und schädliche Umwelteinwirkungen dürfen nicht zu befürchten sein. Am 12.07.2022 ist ein zusätzlicher Abschnitt des BImSchG in Kraft getreten, der die Überschrift „Brennstoffwechsel bei einer Mangellage“ trägt (§§ 31a bis 31d BImSchG). Mit Schreiben vom 14.07.2022 hat das StMUV dargelegt, dass diese neuen Vorschriften Feuerungsanlagen im Anwendungsbereich der 13. und 44. BImSchV betreffen und der Bundesgesetzgeber in der amtlichen Begründung eine die Gaseinsparung begünstigende Auslegung der jeweiligen Tatbestandsmerkmale befürwortet. Im Ergebnis werden dadurch Überschreitungen von sonst einzuhaltenden Grenzwerten befristet hingenommen, die auf Gasversorgungsschwierigkeiten beruhen (ausgerufene Alarmstufe des Notfallplans Gas).

Mit Schreiben des StMUV vom 14.07.2022 wurde die Auslegung auch im Anwendungsbereich der 17. BImSchV angewandt. Grund hierfür ist die insoweit identische Interessenlage (Sicherung der Gasversorgung). Gleiches muss nun auch im Anwendungsbereich der 1. BImSchV erfolgen, da die gegenständlichen Feuerungsanlagen die Grenzwerte der 1. BImSchV nicht einhalten können. Im Bereich der großen und mittelgroßen Feuerungsanlagen ging der Bundesgesetzgeber bei Erlass der §§ 31a bis 31d BImSchG nicht davon aus, dass bei solchen Ausnahmezulassungen schädliche Umwelteinwirkungen zu befürchten sind. Damit kann auch bei Ausnahmezulassungen nach der 1. BImSchV nicht davon ausgegangen werden, dass schädliche Umwelteinwirkungen zu befürchten sind, solange die Ausnahmezulassung zeitlich hinreichend befristet ist.

Das Vorliegen einer unbilligen Härte muss wegen der gegenwärtigen Gasversorgungssituation (Ausrufen der Alarmstufe des Notfallplans Gas) als gegeben angesehen werden, wenn die Holzfeuerungsanlage für den Notbetrieb vorgehalten wird. Der Betrieb dieser Feuerungsanlagen trägt in hohem Maße dazu bei, dass Gas eingespart wird. Dieser Intention folgend legt der Bundesgesetzgeber auch seit 12. Juli 2022 geltenden Vorschriften zum Brennstoffwechsel in einer Mangellage (§§ 31a bis 31d BImSchG) weit aus.

Ermessen

Bei der Ausnahmeerteilung gem. § 22 der 1. BImSchV handelt es sich um eine Ermessensentscheidung.

Die Erteilung der Ausnahme entspricht pflichtgemäßem Ermessen und ist verhältnismäßig (Art. 40 BayVwVfG). Sie ist geeignet und erforderlich, den Zweck der gesetzlichen Ausnahmeregelung, nämlich dem Schutz der Umwelt und dem Wohl der Allgemeinheit aber auch den berechtigten Interessen des Betreibers gerecht zu werden. Zum einen sind die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 der 1. BImSchV erfüllt, die bereits einen Verhältnismäßigkeitsaspekt beinhalten, zum anderen trägt die Erteilung der Ausnahmegenehmigung in der gegenwärtigen Gasmangellage zur erforderlichen Gaseinsparung bei.

Nebenbestimmungen

Rechtsgrundlage für die festgesetzten Nebenbestimmungen unter Ziffer 2 bis 4 dieser Allgemeinverfügung bildet Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG. Die Festsetzung der Nebenbestimmungen entspricht pflichtgemäßer Ermessensausübung (vgl. Art. 40 BayVwVfG) und ist verhältnismäßig. Die Nebenbestimmungen waren erforderlich und geeignet, um trotz Zulassung des Betriebs von Holzfeuerungen, die die Grenzwerte der 1. BImSchV nicht (mehr) einhalten können, schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren für die Allgemeinheit sowie der gegenwärtigen Gasmangellage entgegenzuwirken. Die auferlegten Nebenbestimmungen sind auch verhältnismäßig; sie belasten den Betreiber nur gering (insbesondere mit Anzeigepflichten).

Öffentliche Bekanntgabe

Die Allgemeinverfügung darf gem. Art. 41 Abs. 3 Satz 2 öffentlich bekanntgegeben werden. Das Vorgehen dient der Sicherung der Gasversorgung und ist eilig. Eine Bekanntgabe an die jeweiligen Beteiligten wäre untunlich, die einzelnen Betroffenen sind nicht schnell genug zu erreichen. Mit der ortsüblichen Bekanntmachung des verfügenden Teils der Allgemeinverfügung wird diese öffentlich bekanntgegeben (Art. 41 Abs. 4 BayVwVfG). Nach Art. 41 Abs. 4 Satz 3 BayVwVfG gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt bei öffentlicher Bekanntmachung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann nach Art. 41 Abs. 4 Satz 4 BayVwVfG ein hiervon abweichender Zeitpunkt bestimmt werden. Von dieser Vorschrift wird Gebrauch gemacht. Diese Allgemeinverfügung gilt einen Tag nach ihrer ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben.

Hinweise

a. Die Allgemeinverfügung liegt mit Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung im Landratsamt Kelheim, Zimmer Nr. 02.44 aus und kann von Montag bis Freitag von 08:00 Uhr bis 12:00 Uhr und Dienstag von 14:00 Uhr bis 16:00 Uhr eingesehen werden (Art. 41 Abs. 4 Satz 2 BayVwVfG). Um den Infektionsschutzmaßnahmen hinsichtlich des Covid-19-Virus ausreichend Rechnung zu tragen, bitten wir zur Gewährung der Einsichtnahme um eine vorherige telefonische Anmeldung.

b. Ab dem Außerkrafttreten der Allgemeinverfügung (spätestens mit Ablauf des  31.08.2023), können die betreffenden Feuerungsanlagen wieder nur im Notbetrieb genutzt werden. Eine regelmäßige Nutzung der Feuerungsanlagen ist dann nicht mehr möglich.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Klage erhoben werden bei dem

Bayerischen Verwaltungsgericht in Regensburg,
Postfach 11 01 65, 93014 Regensburg,
Haidplatz 1, 93047 Regensburg

 

schriftlich, zur Niederschrift oder elektronisch in einer für den Schriftformersatz zugelassenen Form.

Hinweise zur Rechtsbehelfsbelehrung:

Die Einlegung eines Rechtsbehelfs per einfacher E-Mail ist nicht zugelassen und entfaltet keine rechtlichen Wirkungen! Ab 01.01.2022 muss der in § 55d VwGO genannte Personenkreis Klagen grundsätzlich elektronisch einreichen.

Nähere Informationen zur elektronischen Einlegung von Rechtsbehelfen entnehmen sie bitte der Internetpräsenz der Bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit (www.vgh.bayern.de).

Kraft Bundesrechts wird in Prozessverfahren vor den Verwaltungsgerichten infolge der Klageerhebung eine Verfahrensgebühr fällig.

gez.
Ferch
Abteilungsleiter